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Es gibt einen Zusammenhang zwischen Klima und Sprachentwicklung

Baku, 9. Dezember, AZERTAC

Den Weltrekord für die ”leiseste” Sprache hält die Nordwestküste Nordamerikas. Die indigene Kultur im kühlen pazifischen Klima hat sich auf Wörter mit dicht aneinandergereihten Konsonanten geeinigt, so wie Mücke in der Salish-Sprache Nuxalk: “pk’m”. Besonders “laut” hingegen klingen Sprachen aus Ozeanien oder Westafrika. Dort häufen sich die Vokale in kurzer Folge mit Konsonanten, wie im Yoruba-Wort für Schmetterling: “labalábá”.
Es liegt am Klima, in dem die Sprachen sich entwickelt haben. Diesen vermuteten Zusammenhang belegt eine neue Studie, die in der wissenschaftlichen Zeitschrift “PNAS Nexus” erschienen ist. “Vereinfacht gesagt, sind Sprachen in wärmeren Regionen lauter als die in kälteren Regionen”, erklärte der Sprachforscher Søren Wichmann von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, der das Papier gemeinsam mit drei Kollegen von der Nankai-Universität im chinesischen Tianjin verfasst hat.
”Laut” oder “leise” werden darin mit dem Fachbegriff Sonorität beschrieben. Dafür nutzten die Forschenden eine Skala von 1 für stimmlose Clicks oder Plosivlaute wie K, bei denen der Atemstrom blockiert wird, bis 17 für offene Vokale wie A. So ließen sich Zahlenwerte den 5293 Sprachen zuordnen, deren Grundwortschatz in der Datenbank Automated Similarity Judgment Program erfasst ist. Zusammen mit Temperaturdaten für den jeweiligen Ursprungsort ergab sich ein klarer statistischer Zusammenhang: Rund um den Äquator ist die durchschnittliche Sonorität am höchsten.
Wortschatz als Klimaarchiv - Ausnahmen gibt es auch. So fanden sich in eher warmen Regionen Zentralamerikas oder auf dem südostasiatischen Festland Sprachen mit eher niedriger Sonorität. Wichmann zufolge zeigt sich darin der über Jahrhunderte oder Jahrtausende verzögerte Effekt der Sprachentwicklung. Man könnte den Wortschatz also auch als eine Art Klimaarchiv für die Herkunftsregionen betrachten.
Die Erklärung für den Klimaeffekt ist einfach: In trockener, kalter Luft falle die für die Produktion stimmhafter Laute nötige Vibration der Stimmbänder schwerer, so der Sprachforscher. Warme Luft hingegen absorbiere die Hochfrequenzenergie stimmloser Laute – sie klingen dann noch weniger.

Gesellschaft 2023-12-09 12:07:00