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Mexiko: Taucher einzigartige Gebilde entdeckt

Baku, 9. Dezember, AZERTAC

Die flache Landschaft von Yucatán hat so ihre Besonderheiten, das wussten bereits die alten Maya. Denn hier und da ist im Laufe der Erdgeschichte der Kalksteinboden der mexikanischen Halbinsel eingestürzt und hat eine der vielen Höhlen im Untergrund freigelegt. Die Löcher, auch Cenotes genannt, füllten sich mit Regenwasser und waren rasch von dichter tropischer Vegetation umgeben.
Nach den Vorstellungen der Maya waren diese Kalksteingruben der Eingang zur gefürchteten Unterwelt Xibalbá - übersetzt heißt das Wort "Ort der Angst". Göttern wie Schädelstab oder Sieben-Tod zu Ehren, wurde hier so manches Tier- oder Menschenopfer versenkt.
Auch Jahrhunderte später sind die Unterwasserwelten von Yucatán noch ein Ort zum Gruseln, aber auch zum Staunen. Erst kürzlich stießen die Taucher aus dem Team des Geoforschers Wolfgang Stinnesbeck auf die Reste eines steinzeitlichen Faultiers in einer Cenote nahe Puerto Morelos. Auch Knochen und Skelette werden immer wieder entdeckt.
Nun aber hat der Geologe von der Universität Heidelberg etwas aufgespürt, das es eigentlich gar nicht geben dürfte: unter Wasser entstandene Tropfsteine.
Stinnesbeck durchforstet seit einigen Jahren zusammen mit Archäologen die Höhlensysteme nach Hinterlassenschaften menschlicher Zivilisation. Irgendwann stießen die Taucher aus seinem Team auf dem Weg zum Boden einer über 50 Meter tiefen Cenote auf merkwürdige geologische Gebilde.
An einigen Stellen ragten dichte Tropfsteinformationen von der Höhlendecke ins Wasser. Diese sogenannten Stalaktiten bestanden aus nur wenigen Zentimeter dicken Wänden, waren bis zu zwei Meter lang und innen hohl. Doch statt wie die meisten Tropfsteine nach unten schmaler zu werden, breiteten sich die Gebilde glockenartig aus. Sie erinnern ein wenig an Trompeten oder Lampenschirme.
Höllenglocken - Die örtliche Taucherszene kannte die Formationen schon länger und hatte den Tropfsteinglocken bereits einen Namen verpasst: Hells Bells, angelehnt an den berühmten Song von AC/DC. Ähnliche Formationen fanden sich nicht nur in der El-Zapote-Cenote, sondern auch in ein paar weiteren der Gegend.
"Der Name passte gut, die Dinger wachsen in absoluter Dunkelheit", sagt Stinnesbeck. Etwas Ähnliches hatte er noch nie gesehen, deshalb wurde er neugierig. Wie sind diese merkwürdigen Gebilde entstanden?
Um das zu beantworten, mussten die Forscher zunächst das Alter der Strukturen herausbekommen. Über eine Uran-Thorium-Datierung kamen sie auf mindestens 4500 Jahre. Doch zu dieser Zeit müssen die Höhlen bereits überflutet gewesen sein, schreiben die Forscher im Fachmagazin "Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology". Wie also sollen sie gewachsen sein?
Tropfstein entsteht, wenn kohlendioxidhaltiges Wasser aus Kalkstein Kalzit löst und von der Höhlendecke tropft. An der Decke sammeln sich Ablagerungen, weil ein Teil des kalkhaltigen Wassers eintrocknet. Ganz langsam wächst ein Stalaktit nach unten. Auf dem Höhlenboden erzeugen die stetig fallenden Wassertropfen einen zweiten Tropfstein - Stalagmit genannt. Neues Sintergestein entsteht. In einem Zeitraum von Tausenden Jahren können die beiden Tropfsteine sogar zu einer Säule zusammenwachsen (Stalagnat).

Wissenschaft und bildung 2017-12-09 20:58:00