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Einstellungen

Bangladeschs Premierministerin tritt zurück und verlässt das Land

Baku, 5. August, AZERTAC

Bangladeschs Regierungschefin Scheich Hasina ist nach wochenlangen, tödlichen Protesten zurückgetreten. Der Armeechef des Landes teilte in einer Ansprache mit, dass nun eine Interimsregierung das Land führen werde. General Waqar-uz-Zaman forderte die Bürger auf, die Gewalt zu beenden. Man arbeite an einer Lösung.
Aus Regierungskreisen verlautete, dass Hasina und ihre Schwester in Sicherheit gebracht worden seien. Lokalmedien berichteten, Hasina sei mit einem Helikopter ausgeflogen worden. Vom Sender CNN hieß es, Hasina sei bereits in Indien gelandet.
Protestierende plündern Residenz - Demonstranten drangen derweil in den Amtssitz Hasinas in der Hauptstadt Dhaka ein. Fernsehbilder zeigten, wie Tausende die offizielle Residenz stürmten, dort feierten und Mobiliar heraustrugen.
Derzeit scheint unklar, wie sich ein politischer Übergang in Bangladesch gestalten könnte. Die Lage im Land sei explosiv, sagte Justizminister Anisul Huq zu Reuters. Er wisse nicht, was noch geschehe.
Hasinas Rücktritt folgt nach tagelangen, schweren Protesten in dem Land. Allein am Sonntag waren bei Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften erneut Dutzende Demonstranten getötet worden. Die Gesamtzahl der Toten stieg damit laut Schätzungen auf mindestens 300.
Die im Juli aus Protest gegen eine Quotenregelung entstandenen Demonstrationen, an denen am Sonntag Hunderttausende Menschen teilnahmen, haben sich mittlerweile Menschen aus allen Bevölkerungsschichten angeschlossen.
Laut dem neuen Vergabesystem sollten mehr als die Hälfte der staatlichen Posten an bestimmte Gruppen gehen. Dazu zählten unter anderem ethnische Minderheiten und Menschen mit Behinderungen. Was die Studierenden besonders aufbrachte: Fast ein Drittel der Quotenjobs sollten den Nachkommen von Kriegshelden vorbehalten sein, die im mehr als 50 Jahre zurückliegenden Unabhängigkeitskrieg gegen Pakistan kämpften. Die Demonstranten fordern Einstellungen nach Leistung – und nicht nach den Taten der Großväter.
Der Druck auf Hasina war zuletzt immer weiter gewachsen. Unter anderem haben Filmstars, bekannte Musiker und ehemalige Generäle ihre Unterstützung der Demonstranten ausgedrückt. Auch 47 Firmen der für die Wirtschaft des Landes wichtigen Textilbranche haben sich mit den Demonstrierenden solidarisiert.
Unter der Führung Hasinas erlebte das arme, mehrheitlich muslimische Bangladesch einen wirtschaftlichen Aufschwung. Zuletzt machte aber die hohe Inflation den Menschen zu schaffen. In dem Land mit mehr als 170 Millionen Einwohnern herrscht hohe Arbeitslosigkeit.
Die 76 Jahre alte Hasina regiert Bangladesch seit 2009 – und zunehmend autoritär. Die Regierung ließ nach Ausbruch der Massenproteste zeitweise Internet- und Telefonverbindungen kappen. Die Polizei erhielt laut der Nachrichtenagentur AFP zuletzt die Erlaubnis, auf jeden zu schießen , der die landesweite Ausgangssperre verletzt.
Bei der Wahl im Januar hatte Hasinas Awami-Liga 223 der 300 Sitze im Parlament gewonnen. Das lag daran, dass die Opposition die Wahl boykottierte. Aber auch daran, dass es bei der Auszählung der Stimmen nach Meinung vieler internationaler Experten nicht mit rechten Dingen zuging.

Welt 2024-08-05 15:31:00