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Archäologen im Süden Mexikos älteste und größte Monumentalanlage der Maya gefunden

Baku, 5. Juni, AZERTAC

Die Maya-Kultur, die sich vom heutigen Südmexiko bis nach Honduras erstreckte, erreichte ihre Blütezeit etwa zwischen den Jahren 200 und 800 nach Christus und endete recht abrupt. Viele Zentren wurden im 9. und 10. Jahrhundert verlassen. Möglicherweise waren Klimaschwankungen dafür verantwortlich, wie AZERTAC unter Berufung auf Spiegel berichtete.
Lange dachten Maya-Experten, die ersten großen Zeremonialzentren im zentralen Tiefland - Südostmexiko, Belize und nördliches Guatemala - seien erst im späten ersten Jahrtausend vor Christus entstanden. Vor drei Jahren entdeckte dann ein internationales Forscherteam mit der sogenannten Lidar-Technik in der Grenzregion von Mexiko und Guatemala eine Fülle auffälliger Bodenstrukturen.
In der Fachzeitschrift "Nature" berichten Forscher um Takeshi Inormata von der University of Arizona und Kollegen nun, mit welch ungeheurem Aufwand die Maya schon vor rund 3000 Jahren riesige Monumente errichteten. Insgesamt haben die Forscher in der Region 21 größere und kleinere Zeremonialzentren entdeckt. Sie sind fast alle räumlich ähnlich angelegt und bestehen aus einem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden rechteckigen Plateau mit einer Serie von Erdhügeln. Im Zentrum des Plateaus ragt auf der Westseite ein Hügel auf, während auf der Ostseite eine längliche Plattform angelegt ist.
Der mit Abstand größte der Komplexe ist Aguada Fénix mit einem künstlich aufgeschütteten, rechteckigen Plateau, das mehr als 1,4 Kilometer lang und 400 Meter breit ist und das umliegende Flachland um 10 bis 15 Meter überragt. Gesäumt wird das in Nord-Süd-Richtung verlaufende Plateau an den Rändern von niedrigeren Plattformen.
Nicht exakt in Ost-West-Richtung gebaut - Manche Experten vermuten, dass die Maya-Bauten so angelegt sind, dass ein Beobachter auf dem westlichen Hügel zur Sommer- und Wintersonnenwende den Sonnenaufgang an den beiden Ecken der östlichen Plattform sieht. Inormata widerspricht nun aber: Die meisten Zentren in der Region - darunter Aguada Fénix - seien zwar nach Osten hin orientiert, aber nicht exakt ausgerichtet. Möglicherweise seien dort Rituale in Zusammenhang mit dem Sonnenkalender gefeiert worden, vermutet er. Um Sonnenobservatorien handele es sich aber wohl nicht.
Vom Hauptplateau dieser Anlage führen, teils angeschlossen über große Rampen, neun Straßen in verschiedene Himmelsrichtungen, die längste ist 6,3 Kilometer lang. Weitere Komplexe und etliche künstliche Wasserbecken sind in der Umgebung verstreut. "Nach unserem Wissen ist dies die älteste jemals im Maya-Gebiet gefundene Monumentalkonstruktion und die größte in der gesamten prä-spanischen Geschichte dieser Region", so die Forscher. Laut Radiokarbon-Datierungen sind die ältesten Funde etwa 3200 Jahre alt. Der Bau der großen Plattform begann demnach spätestens um das Jahr 1000 vor Christus.
Insgesamt dauerte der mehrphasige Bau der Plattform und der anderen Bauten etwa 200 Jahre. Kurios ist, dass die Anlage - ebenso wie die anderen Komplexe - schon um das Jahr 750 vor Christus wieder aufgegeben und auch in späteren Jahrhunderten nur noch zeitweilig von wenigen Menschen bewohnt wurde.
Für die Monumente bewegten die Menschen gewaltige Erdmassen: Anhand der Lidar-Aufnahmen berechnet das Team, dass allein zum Bau der Hauptplattform 3,2 bis 4,3 Millionen Kubikmeter Erde aufgeschüttet wurden. Die Konstruktion habe schätzungsweise 10 bis 13 Millionen Arbeitstage erfordert.
"Intensive interregionale Beziehungen" - Im Gegensatz zu den vertikalen Strukturen späterer Maya-Stätten wie insbesondere der Pyramiden ist Aguada Fénix von horizontalen Plattformen bestimmt. Darin sehen die Forscher einen Einfluss der frühen Olmeken-Kultur am Golf von Mexiko im heutigen mexikanischen Bundesstaat Veracruz. Das etwa 400 Kilometer westlich gelegene olmekische Zeremonialzentrum San Lorenzo, das seine Blütezeit von 1400 bis 1150 vor Christus erlebte, enthält ebenfalls ein aufgeschüttetes Plateau.
Gleichzeitig stammen alle Obsidian-Funde in Aguada Fénix aus dem heutigen Guatemala, auch die geborgene Keramik weist in diese Richtung. Dies spreche für "intensive interregionale Beziehungen" und für Aguada Fénix als Zentrum kultureller und sozialer Innovationen zwischen 1100 und 800 vor Christus schreiben die Forscher.
Und noch etwas ist interessant: "Aguada Fénix zeigt keine klaren Hinweise auf eine ausgeprägte soziale Ungleichheit, wie etwa Skulpturen von Individuen hohen Rangs", schreiben die Forscher. Sie schließen daraus, dass es keine Hierarchieunterschiede in der Gesellschaft gab - und der Bau trotzdem möglich war.
"Dieses Verständnis hat wichtige Bedeutung für die Fähigkeit menschlicher Gruppen", sagt Inormata. Viele Bewohner hätten damals wohl bei der Umgestaltung der Landschaft zu Versammlungsorten geholfen, ohne dazu von einer mächtigen Elite gezwungen worden zu sein. "Man braucht nicht notwendigerweise eine gut organisierte Regierung, um solche riesigen Projekte anzugehen. Menschen können durch Zusammenarbeit erstaunliche Resultate erzielen", so das Fazit.

Wissenschaft und bildung 2020-06-05 14:51:00