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Baikalsee: Wissenschaftler erforschen merkwürdiges Phänomen

Baku, 3. Februar, AZERTAC

Der Baikalsee in Russland ist einer der ältesten und tiefsten Seen der Welt. Vor knapp zwanzig Jahren entdeckten Forscher auf Satellitenbildern ein merkwürdiges Phänomen: Mitten im Frühjahrseis des Sees tauchten plötzlich riesige Ringe auf, die wie Augen aussahen. 2009 gelang es Astronauten der internationalen Raumstation ISS, die auffälligen Strukturen erstmals zu fotografieren.
Die Wissenschaftler begannen, das Rätsel der Eisringe zu erforschen. Dafür analysierten sie Satellitendaten aus mehreren Jahrzehnten und führten Feldstudien durch. Sie bohrten Löcher in der Nähe von Eisringen und ließen Sensoren ins Wasser, die Temperaturen und Salzgehalt bis in eine Tiefe von 200 Metern messen sollten.
Dabei stießen sie auf eine Überraschung: "Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass vor und während des Eisringphänomens warme Wirbel im Uhrzeigersinn unter der Eisdecke zirkulieren", sagt Alexej Kouraev von der Universität Toulouse. Innerhalb der Wirbel sei das Wasser ein bis zwei Grad wärmer als um sie herum. "Im Zentrum der Wirbel schmilzt das Eis nicht, weil die Strömung dort zu schwach ist. Aber an den Rändern der Wirbel sind die Strömungen stärker und das warme Wasser führt zu einem raschen Schmelzen."
Warme Wirbel entstehen im Herbst - Warum es zu den Wirbeln kommt, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Eine Analyse der meteorologischen und hydrologischen Daten legt jedoch nahe, dass sie üblicherweise im Herbst entstehen, noch bevor der See mit Eis bedeckt ist. Die Forscher vermuten, dass anhaltende Winde und einströmendes Wasser aus bestimmten Flüssen die Strömungsmuster beeinflussen. Auch die Form der Küstenlinie und des Seebodens seien relevant.
Das Satellitenbild der Woche wurde vom Satelliten "Landsat-8" der US-amerikanischen Weltraumbehörde Nasa im April 2016 aufgenommen. Es zeigt einen Eisring im Zentrum des Baikalsees in der Nähe des Kaps Nishnaje Izgolowje. Das dünne Eis des Rings erscheint dunkler und transparenter als das weiße, dickere Eis, das ihn umgibt.
Die Eisaugen sind mehr als nur eine wissenschaftliche Kuriosität - sie stellen auch eine ernsthafte Gefahr dar. Nur wenige Wochen bevor das Satellitenbild aufgenommen wurde, war ein Lieferwagen ins Eis eingebrochen und gesunken. Die Insassen konnten gerettet werden. In Russland ist es üblich, dass Eisflächen im Winter als Straßen benutzt werden.
Die meisten der Eisringe entstehen erst im März oder April und haben einen Durchmesser von etwa fünf bis sieben Kilometern. Sie sind damit zu groß, um sie vom Boden aus zu erkennen. Aber aus der Luft und aus dem Weltall sind sie gut sichtbar. Viele verschwinden schon nach wenigen Tagen wieder, andere bleiben wochen- oder monatelang bestehen.

Wissenschaft und bildung 2020-02-03 21:03:00