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Nobelpreisträger Lew Landau ist gebürtiger Bakuer

Baku, 22. Januar, AZERTAC
Baku ist Heimat von Lütfi Zade, Muslim Magomayev, Vagif Mustafazade, Mstislaw Rostropowitsch, Tschingis Abdullayev und vielen anderen prominenten Persönlichkeiten, weltberühmten Gelehrten und Sängern.
Jedes Mal, wenn es eine Rede von diesen Prominenten ist, die aus Baku gebürtig sind, muss auch der Name von Nobelpreisträger Lew Landau betont werden. Er wurde am 22. Januar 1908 in Baku geboren und entstammte der jüdisch-aserbaidschanischen Familie Landau, aus der viele namhafte Rabbiner und Gelehrte hervorgegangen sind.
Ich kann mich kaum an die Zeit erinnern, in der ich noch nicht die Integral- und Differential-Rechnung beherrschte", sagt Lew Dawidowitsch Landau, und das ist sicher keine Übertreibung. Diese Zeit muß in seiner frühen Kindheit gelegen haben, denn schon als Elfjähriger beschäftigte er sich mit den Maxwellschen Gleichungen, mit 14 Jahren wurde er an der Universität Baku immatrikuliert, und mit 19 war Lew Dawidowitsch Doktor der Naturwissenschaften.
Schon während seines Studiums veröffentlichte Landau mehrere wissenschaftliche Arbeiten, darunter eine, mit der er die Energie-Dichte-Matrizen einführte, einen mathematischen Kalkül, der zum Standard-Instrument in der Quantenphysik wurde.
Nach zweijähriger Tätigkeit am physikalisch-technischen Institut in Leningrad ging Landau für einige Jahre ins Ausland, nach Leipzig. Zürich, London und schließlich 1933 nach Kopenhagen zu Niels Bohr‚ den er auch heute noch tief verehrt.
"Jeder mochte den begabten Jungen gern in Kopenhagen", erinnert sich der amerikanische Physiker Edward Teller, "obwohl er uns oft mit seinen Ansichten schockierte." Als Teller seine bevorstehende Heirat bekanntgab, fragte ihn Landau, wie lange er diese Ehe aufrechtzuerhalten gedenke. "Aller Voraussicht nach bis an mein Lebensende", antwortete der erstaunte Teller. Darauf Landau: "Das ist typisch für die kapitalistische Gesellschaft; sie verführt ihre Mitglieder dazu, eine gute Sache immer wieder durch Übertreibung zu verderben."
Es ist schwer, Landaus wissenschaftliche Leistungen zu beschreiben, für die er in seiner Heimat mit dem Stalin-Preis und dem Lenin-Preis, in Amerika mit dem Fritz-London-Award, in Deutschland mit der Max-Planck-Medaille (1960) und jetzt – endlich, sagen die Physiker – mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Der Gelehrte hat keine Erfindung gemacht, deren Wert dem Laien unmittelbar einleuchten würde. Seine Arbeit ist ausschließlich der Grundlagenforschung gewidmet, sie läßt sich nur in der Sprache der modernen theoretischen Physik und der Mathematik erklären. Es gibt kaum ein Spezialgebiet der theoretischen Physik, auf dem der heute 54jährige Ordinarius an der Moskauer Universität nicht mit einer neuen Idee hervorgetreten ist.
Landau ist überzeugt davon, daß er sein vielseitiges Wissen einer besonderen geistigen Ökonomie verdankt. "Wer sich in der Physik spezialisiert, versucht geistige Kräfte am falschen Ende zu sparen", erklärt er seinen Studenten. "Die Natur kümmert sich nicht um die Grenzen zwischen den physikalischen Disziplinen, und je besser unsere mathematischen Hilfsmittel zur Naturerkenntnis werden, desto umfassender wird der Kreis der Probleme, auf die wir sie anwenden können." Deshalb springt "Dau", wie er von den Studenten genannt wird, in seinen Vorlesungen von einem physikalischen Gebiet zum anderen. Es wäre "Intelligenzverschwendung", meint er, wenn man die Verwendungsmöglichkeiten einer einmal entwickelten Denkmethode nicht voll ausnutzen würde.
Ende der 1940er Jahre und Anfang der 1950er Jahre arbeitete der Gelehrte am sowjetischen Wasserstoffbombenprojekt. Er organisierte die numerischen Rechnungen, mit denen ihnen eine erfolgreiche Vorhersage der Energiefreisetzung der ersten sowjetischen Wasserstoffbombe gelang.
Am 7. Januar 1962 ereignete sich ein tragischer Unfall: Auf dem Weg von Moskau nach Dubna stieß Landaus Auto auf vereister Straße mit einem entgegenkommenden Lastwagen zusammen. Elf Knochen und der Schädel waren gebrochen. Er rang in den anschließenden Wochen mit dem Tode und musste mindestens viermal bzw. sechsmal wiederbelebt werden. Nach drei Monaten erwachte Landau wieder aus dem Koma. Von den Folgen des Unfalls jedoch konnte er sich nie wieder vollständig erholen, und er erlangte auch seine große Kreativität nicht annähernd zurück, trotz der Unterstützung seiner vielen Schüler und der sowjetischen Physiker-Gemeinde bei seiner Genesung. Als ihm im selben Jahr der Nobelpreis für Physik verliehen wurde, konnte er ihn nicht persönlich entgegennehmen. Lew Landau starb letztlich an den Folgen des Autounfalls sechs Jahre später am 1. April 1968.
Eine von Straßen in Baku trägt den Namen von Lew Landau.

Wissenschaft und bildung 2020-01-22 15:18:00