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Umweltverschmutzung: Mikroplastik ist überall

Baku, 15. August, AZERTAC
Mikroplastik ist überall. Es steckt in menschlichen Stuhlproben, es schwebt durch die Atmosphäre - und es schneit auf die Erde, sogar in der Arktis. Dass die kleinen Partikel unsichtbar auch in der Luft unterwegs sind, ist keine neue Erkenntnis. Wohl aber, dass die Konzentration des Mikroplastiks deutlich höher ist als bislang angenommen. Dies geht aus Untersuchungen von Forschern des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) hervor, die am Mittwoch in der Zeitschrift "Science Advances" veröffentlicht wurden.
Demnach wiesen die Forscher feinste Kunststoffteile in Schneeproben aus Bayern und Bremen ebenso nach wie in solchen von der Nordseeinsel Helgoland, aus den Schweizer Alpen und der Arktis. Die AWI-Experten maßen in den Schneeproben wesentlich höhere Mikroplastik-Konzentrationen, als bisherige Untersuchungen etwa in Staubablagerungen nachgewiesen hatten. Das legt nahe, dass die Konzentration der Teilchen in der Luft höher ist als bisher angenommen.
Die besondere Rolle des Schnees - Die höchste Mikroplastikmenge maßen die Wissenschaftler an einer Landstraße in Bayern mit 154.000 Partikeln je Liter, in der Arktis waren es bis zu 14.400. Zwar sei die Konzentration in der Arktis geringer, aber laut den Forschern immer noch "substanziell".
Dem Schnee kommt also eine besondere Rolle zu: Er wäscht die Partikel "offensichtlich besonders effizient" aus der Atmosphäre heraus, erklärte der Wissenschaftler Gunnar Gerdts. Die Flocken binden das Mikroplastik und fallen mit ihm zu Boden. Die genauen Mechanismen sind aber noch unklar. Bekannt ist, dass die 11 bis 474 Mikrometer kleinen Teilchen wie auch Blütenpollen oder sogar Saharasand von Luftströmungen transportiert werden, wenn sie einmal aufgewirbelt sind. So können sie aus Industrieländern bis in entlegene Gebiete wie die Arktis gelangen.
Dass die Forscher im Schnee unerwartet viel Mikroplastik entdeckten, könnte aber auch an einem zweiten Faktor gelegen haben. Für die Analyse verwendeten sie nämlich eine feine Technik, die Infrarotspektroskopie. Sie schmolzen den Schnee, filterten das Wasser und bestrahlten die Partikel mit Infrarotlicht. Diese waren dadurch leichter zu identifizieren.
Entsprechend konnten die Forscher auch untersuchen, welche Arten von Mikroplastik sie im Schnee fanden. Diese unterschieden sich je nach Region. An einer Landstraße in Bayern wiesen sie vor allem Kautschuk nach, der aus Autoreifen stammen könnte.
Diese Plastikarten fliegen bis in die Arktis - In der Arktis waren es insbesondere Nitrilkautschuk, Acrylate und Lackteilchen. Nitrilkautschuk wird unter anderem für Schläuche und Dichtungen verwendet, weil er von Kraftstoffen nicht angegriffen wird und größere Temperaturschwankungen aushält. Diese Mikroplastikteilchen fanden die Forscher etwa auf der Insel Spitzbergen und selbst im Schnee auf treibenden Eisschollen.
Bereits im vergangenen Jahr hatten Forscher des AWI Rekordkonzentrationen von Mikroplastik in verschiedenen Eisproben in der Arktis entdeckt. Sie fanden damals zum Teil 12.000 Mikroplastikteilchen pro Liter Meereis. Melanie Bergmann, die auch an der neuen Studie mitarbeitete, wies damals auch auf die Folgen für die Lebewesen im Meer hin. "Wir wissen inzwischen aus vielen Laborstudien, dass zum Beispiel Muscheln Entzündungsreaktionen und Fische Verhaltensänderungen zeigen", sagte sie zu der Studie von 2018. "Andere Tiere fressen und wachsen weniger und können sich weniger erfolgreich fortpflanzen."
Auch in der aktuellen Studie fordern die Wissenschaftler, dass die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen künftig genau untersucht werden. Schließlich legen die Funde im Schnee nahe, dass die Luft erheblich mit Mikroplastik verschmutzt ist.

Umwelt 2019-08-15 21:37:00