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Evangelische Tradition in Aserbaidschan geht auf deutsche Auswanderergruppe von Pietisten zurück

Baku, 21. Februar, AZERTAC

Die evangelische Tradition im heutigen Aserbaidschan geht auf die deutsche Auswanderergruppe der Pietisten zurück, die ab 1817 überwiegend aus Baden und Württemberg nach Südkaukasien kamen und in ihren Siedlungen Annenfeld/Schämkir und Helenendorf/Chanlar/Göygöl mit Tochtergründungen Gebetshäuser errichteten.
Seit 1822 regelte eine erste kirchliche Ordnung das Gemeindeleben, 1841 wurde das im Russischen Reich geltende Evangelisch-Lutherische Kirchengesetz von 1832 mit Sonderregelungen in den kaukasischen Niederlassungen der Siedler eingeführt. Sie wurden zunächst vom Baseler Missionshaus, das 1824 bis 1838 in Schuscha eine eigene Missionsstation betrieb, später durch Pastoren aus Dorpat/Tartu seelsorgerisch betreut.
Die Stadtgemeinden von Tiflis (1828 Grundsteinlegung der ersten kleinen Kirche/Weihe 1832, 1893- 1897 Neubau) und Baku (1897 Kirchenweihe) waren seit 1841 dem Moskauer Konsistorium unterstellt. Im Falle Bakus handelte es sich um eine deutsch-schwedische Kirchengemeinde, die eine Kirche - heute Konzertsaal und seit 2003 auch Ort für Sonntagsgottesdienste - das Kapellhaus - heute Sitz des deutsch-aserbaidschanischen Vereins, zudem Kultur- und Bildungsstätte – sowie weitere karitative Gebäude im Umkreis erbauten.
Nach der Bildung unabhängiger Republiken im Südkaukasus nach 1917 schlossen sich die deutschen Kolonisten zum Transkaukasischen Deutschen Nationalrat mit Sitz in Tiflis zusammen. Nach der Gründung der Sowjetmacht in Georgien und Aserbaidschan 1921 wurde Katharinenfeld in Luxemburg, 1944 in Bolnissi umbenannt. Marienfeld wurde zu Sartischala, Elisabethtal zu Asureti und Helenendorf zu Chanlar. Alexandersdorf wurde von Tiflis eingemeindet.
In den 1930er Jahren waren die deutschen Kolonisten im Kaukasus in besonderem Maße politischen Verfolgungen ausgesetzt. 1935 wurden 600 Deutsche aus Aserbaidschan nach Karelien deportiert. Im georgischen Luxemburg wurden 352 Einwohner verhaftet, verschleppt oder ermordet.
1941 lebten in Georgien über 24.000 deutsche Kolonisten, in Aserbaidschan mehr als 23.000. Im gleichen Jahr siedelte Stalin alle Kaukasien-Deutschen, die nicht mit Einheimischen verheiratet waren, innerhalb weniger Monate nach Kasachstan und Sibirien um. Grundlage war ein Befehl zur “Umsiedlung der Wolgadeutschen“ vom August 1941. Die Häuser der deutschen Siedler wurden an Migranten aus anderen Regionen Transkaukasiens vergeben. Die evangelisch-lutherische Kirche in Tiflis wurde 1946 und 1947 von deutschen Kriegsgefangenen abgerissen.
Seit 1993 gibt es in Baku wieder eine evangelisch-lutherische Gemeinde, der vor allem viele Nachfahren der deutschen Minderheit angehören.

Politik 2019-02-21 19:19:00